Agenturverträge: Rechtlicher Schutz des Agenten

Agenturverträge sind eine eigenständige Art von Auftragsverträgen, neben Makler- und Kommissionsverträgen. Betrachtet man jedoch die gesetzlichen Bestimmungen im Bereich des Agenturvertrags, wird deutlich, dass der Gesetzgeber dem Agenten einen stärkeren Schutz eingeräumt hat als dem Bevollmächtigten in einem gewöhnlichen Auftragsvertrag. Welche rechtlichen Schutzmechanismen stehen einem Agenten zur Verfügung?

Vergütung des Agenten

Da ein Agenturvertrag vorsieht, dass die Vergütung nach der Erbringung bestimmter Leistungen durch den Agenten gezahlt wird, entstehen in der Praxis oft Streitigkeiten darüber, wann der Agent seinen Vergütungsanspruch geltend machen kann.
Häufig zielt das unredliche Verhalten der anderen Vertragspartei darauf ab, maximalen Nutzen aus der Arbeit des Agenten zu ziehen und im letzten Moment, wenn alles für den Abschluss des Geschäfts vorbereitet ist, die Dienste des Agenten abzulehnen und hinter dessen Rücken zu agieren. Dabei wird eine Situation konstruiert, in der das Geschäft scheinbar scheitert oder das Interesse daran verloren geht, um das geplante Geschäft ohne Beteiligung des Agenten durchzuführen.
Daher regeln die §§ 678 Abs. 1 und 679 Abs. 1 des Schuldrechtsgesetzes, dass der Agent während der Laufzeit des Agenturvertrags Anspruch auf Vergütung hat, wenn der Auftraggeber die aus dem Vertrag resultierenden Verpflichtungen erfüllt, an dessen Zustandekommen der Agent mitgewirkt hat oder den er abgeschlossen hat. Darüber hinaus sieht § 678 Abs. 2 des Schuldrechtsgesetzes vor, dass der Agent zusätzlich zu den Bestimmungen in Abs. 1 auch dann Anspruch auf Vergütung hat, wenn er für ein bestimmtes Gebiet oder einen bestimmten Kundenkreis zuständig ist und Verträge mit Personen aus diesem Gebiet oder Kundenkreis ohne seine direkte Beteiligung während der Vertragslaufzeit abgeschlossen werden.
Ich möchte auch einige weitere wichtige Artikel bezüglich der Vergütung des Agenten hervorheben. § 678 Abs. 3 des Schuldrechtsgesetzes besagt, dass der Agent auch Anspruch auf Vergütung für Verträge hat, die nach Beendigung des Agenturvertrags abgeschlossen wurden, wenn er bei deren Zustandekommen vermittelt hat oder der Vertrag so vorbereitet wurde, dass sein Abschluss überwiegend auf die Tätigkeit des Agenten zurückzuführen ist.
Nach § 679 Abs. 4 des Schuldrechtsgesetzes hat der Agent keinen Anspruch auf Vergütung, wenn der Vertrag aufgrund von Umständen, die nicht im Verantwortungsbereich des Auftraggebers liegen, nicht erfüllt wird.
Gemäß § 679 Abs. 5 des Schuldrechtsgesetzes hat der Agent jedoch auch dann Anspruch auf Vergütung, wenn der Vertrag aufgrund von Umständen, die im Verantwortungsbereich des Auftraggebers liegen, nicht erfüllt wird.

Zusätzlich kam der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung Nr. 3-2-1-10-14 zu dem Schluss, dass, selbst wenn das Bestehen eines Agenturvertrags nicht nachgewiesen werden kann, zwischen den Parteien ein Auftragsvertrag bestehen könnte. In derselben Entscheidung führt der Oberste Gerichtshof aus, dass der Agent möglicherweise das Recht hat, in Dokumente der Gegenpartei Einsicht zu nehmen, wenn diese seine Interessen und rechtliche Position betreffen. Der Agent kann die Vorlage von Dokumenten verlangen (z. B. Verhandlungsprotokolle, ausgestellte Rechnungen oder erteilte Bestellungen), zu denen er sonst keinen Zugang hätte.
Obwohl die Position des Obersten Gerichtshofs logisch und im Wesentlichen korrekt ist, könnte es in der Praxis vorkommen, dass die Gegenpartei absichtlich die Herausgabe von Dokumenten verweigert, indem sie behauptet, die erforderlichen Informationen nicht zu haben. In solchen Fällen wäre es sinnvoll, die relevanten Unterlagen direkt bei den Kunden des Auftraggebers anzufordern, mit denen der Agent gearbeitet hat. Um eine effektive Verfahrensführung zu gewährleisten, sollte die vom Obersten Gerichtshof vertretene Position in Verbindung mit anderen prozessualen Mitteln genutzt werden, um die Unwahrheiten der Gegenpartei aufzudecken und vor Gericht den eigenen Standpunkt zu beweisen.
Es ist auch wichtig, dass der Agenturvertrag in Bezug auf die Vergütung so klar und verständlich wie möglich formuliert ist. Dies hilft, Missverständnisse zu vermeiden. Es sollte festgelegt werden, wann die Arbeit des Agenten als abgeschlossen gilt und damit zur Zahlung fällig wird. Eine kompliziertere Situation entsteht, wenn die Parteien die Höhe der Vergütung des Agenten nicht vereinbart haben. In einem solchen Fall wird eine angemessene Vergütung festgesetzt, was die Beweislast des Agenten erhöht. Der Agent muss dann den marktüblichen Preis für eine vergleichbare Dienstleistung nachweisen.

Pfandrecht des Agenten

Ein weiteres Schutzrecht des Agenten ist das Pfandrecht, das ihm ermöglicht, bewegliche Gegenstände oder Wertpapiere des Auftraggebers, die ihm im Rahmen des Agenturvertrags übergeben wurden, zu behalten. Außerdem kann der Agent das Pfandrecht auch auf Zahlungen Dritter ausüben, die er im Auftrag des Auftraggebers entgegengenommen hat.
Es ist wichtig, dass der Vergütungsanspruch oder die Erstattung von Aufwendungen des Agenten zum Zeitpunkt der Ausübung des Pfandrechts fällig ist. Nutzt der Agent das Pfandrecht ohne rechtliche Grundlage, kann der Auftraggeber Schadensersatz vom Agenten verlangen.

Vertragskündigung

Der Agent kann auch das Recht auf Kündigung des Vertrags als rechtliches Mittel nutzen. Bei ordentlicher Kündigung sollte der Agent die Kündigungsfristen beachten.
Erfolgt die Kündigung außerordentlich, muss der Grund für die Vertragsbeendigung angegeben werden.
Darüber hinaus muss der Agent sicherstellen, dass die Kündigungsabsicht ordnungsgemäß mitgeteilt wird. Obwohl das Gesetz eine mündliche Kündigung zulässt, müsste der Agent in einem Streitfall den Beweis für die Kündigung erbringen. Wenn die Parteien vereinbaren, dass die Kündigung schriftlich oder zumindest in einer reproduzierbaren Form (z. B. per E-Mail) erfolgen muss, ist diese Vereinbarung einzuhalten.

Recht des Agenten auf Abfindung und Schadensersatz bei Vertragsbeendigung

Da der Agent seine Bemühungen in die Förderung des Geschäfts des Auftraggebers investiert und sozusagen als „Motor des Fortschritts“ fungiert, reicht es nicht aus, den Vertrag einfach zu beenden und eine Schlussabrechnung zu erstellen. Daher sieht das Gesetz für den Agenten einen zusätzlichen Schutz in Form einer Abfindung und eines Schadensersatzanspruchs vor.
§ 688 Abs. 1 des Schuldrechtsgesetzes besagt, dass der Agent bei Beendigung des Agenturvertrags Anspruch auf eine Abfindung hat, wenn:

  1. der Agent für den Auftraggeber neue Geschäftsbeziehungen geschaffen oder bestehende Beziehungen wesentlich erweitert hat;
  2. der Auftraggeber auch nach Beendigung des Vertrags weiterhin von diesen Beziehungen profitiert;
  3. der Agent sein Recht auf Vergütung verliert, das er bei Fortsetzung des Vertrags gehabt hätte;
  4. die Zahlung der Abfindung unter Berücksichtigung aller Umstände als gerecht erscheint.

Gemäß § 688 Abs. 3 des Schuldrechtsgesetzes schließt die Zahlung einer Abfindung das Recht des Agenten auf Schadensersatz nicht aus oder beschränkt es nicht. Es gibt jedoch auch Einschränkungen hinsichtlich der Abfindung und des Schadensersatzes, wie in § 688 festgelegt.

Zusammenfassung

Die Wahl der rechtlichen Mittel zum Schutz der eigenen Rechte und Interessen bleibt immer der Vertragspartei überlassen. Das Gesetz bietet dem Agenten verschiedene Möglichkeiten zum rechtlichen Schutz. Daher ist es wichtig, diese so effektiv wie möglich zu nutzen.

Autor: Rechtsanwalt Ilya Zuev
Der Artikel wurde in der Zeitung „Delovye Vedomosti“ veröffentlicht, www.dv.ee.